Freitag, 11. Januar 2019

Das Weimar-Syndrom

"Politische Parteien waren in Deutschland nie sonderlich populär. Zu keiner Zeit
aber waren sie so verhaßt wie in der Weimarer Republik.
„Aus der Angst um den Beuteanteil entstand auf den großherzoglichen Samtsesseln und in den Kneipen von Weimar die deutsche Republik, keine Staatsform, sondern eine Firma. In ihren Satzungen ist nicht vom Volk die Rede, sondern von Parteien. Wir haben kein Vaterland mehr, sondern Parteien; keine Rechte, sondern Parteien; kein Ziel, keine Zukunft mehr, sondern Interessen von Parteien.“
Dies schrieb
Oswald Spengler 1924, als die Republik sich gerade von den schweren Krisen des vorangegangenen Jahres zu erholen begann. Damals befand sich der in München lebende Philosoph auf dem Höhepunkt seines Ruhms. Mit seinem zweibändigen Werk über den „Untergang des Abendlandes“ hatte er den Nerv einer durch Krieg und Revolution verunsicherten bürgerlichen Welt getroffen. Auch mit seiner pauschalen Verdammung der Parteien sprach Spengler den meisten seiner Zeitgenossen aus dem Herzen. Darin artikulierte sich nicht nur ein Unbehagen an der Weimarer Demokratie, sondern ein weitverbreitetes Ressentiment, dessen Wurzeln bis weit in die Kaiserzeit zurückreichten.
Vor 1918 waren die Parteien von einer verantwortlichen Mitgestaltung der Politik ausgeschlossen.   … "

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